50. Fernschachtreffen - von Martina Weiss

Fernschachtreffen – nun ja - warum sollte ich als Schachspielerfrau da mit hin? Wenn mein Mann sonntags nach Hause kommt, ist er ja meistens deprimiert. Und das eine ganze Woche lang? Aber was soll’s. Und von den Friesen fahren ja auch andere Frauen mit. Mit solchen Gedanken beschäftigt, fuhren wir also in den Harz.

Hahnenklee, Luftkurort, ist ein kleiner überschaubarer Ort, der wohl schon bessere Tage gesehen hat. Aber erst mal ins Quartier. Zusammen mit Hartmann, Schulz und Ollek teilten wir uns ein Ferienwohnhaus. Die Aufteilung der Waschgelegenheiten in den Zimmern war etwas ungewöhnlich, doch es fand sich genügend Platz um in großer Runde die Mahlzeiten einzunehmen.

 

Der erste Eindruck vom Spiellokal hat mich dann doch überrascht. Der große Saal vom Kulturhaus war mit großen Schachfiguren dekoriert. Ansonsten war alles voll Schachbretter. Brett an Brett, Reihe für Reihe; sehr eindrucksvoll.

Bei der Turnieranmeldung wurden alle sehr freundlich begrüßt. Es war nett mit anzusehen, wie sich erwachsene Männer begrüßten, als ob sie mit einander verwandt sind. Jeder schien jeden zu kennen.

Am Abend war die Eröffnungsveranstaltung. Der Saal: voll! – Friesen am längsten Tisch und viele Gesichter die ich vom Verein her kannte. Dann Begrüßungsansprachen der Turnierleitung, Präsidenten, Bürgermeistern und Kulturverwaltung. Friesens Teilnehmerzahl wurde mit 17 öffentlich erwähnt und das ist wohl schon einige Jahre so. Es ging mit Volksmusik weiter. In Trachten wurden Lieder aus dem Harz gesungen. Höhepunkt des Abends war dann das "Steigerlied", mit dem Dirigenten Karl-Heinz Podzielny.

 

Ab Sonntag wurde Schach gespielt. Die ersten Tage immer zwei Runden. Abends wurden die Punkte gezählt und daraus gefolgert, wer nächsten Tag die Brötchen holt. Mein Mann, mit seinem halben Punkt aus zwei, war nicht besonders gesprächig. Aber das kenne ich ja zur genüge.

 

Montag zum Frühstück, Karl-Heinz Ollek erschien im Anzug, wurde zu seinem 70. Geburtstag gratuliert.

Die Männer gingen zum Schach, wir Frauen machten den Haushalt, gingen ab und zu mal beim Spielen vorbei und begannen mit unseren Einkaufstouren. Nicht zu vergessen die Eisdielen.

Zum Abend fanden sich nach und nach alle Friesen bei uns ein, um mit Karl-Heinz seinen Geburtstag zu feiern. Bei selbstgebranntem Obstler wurden alte und neue Geschichten erzählt. Man weiß jetzt über Winzlinge in der Karibik Bescheid, wie lange man mit geschlossenen Augen Rad fahren kann und Wölfe und Schafe sind ja immer dabei.

 

Zwischen den Schachrunden gab es die "Freizeitturniere", wobei auch die Nichtschachspieler mitmachen konnten. Minigolf, Skat und Tischtennis ließen wir aus, aber bei Kegeln und Wettwürfeln waren wir dabei. Das Peter das Würfeln gewann, sorgte für allgemeine Heiterkeit und viele Lacher gingen auf seine Kosten.

 

Mittwoch war "Ruhetag". Man hatte die Möglichkeit sich einer organisierten Busfahrt nach Quedlinburg anzuschließen, was die meisten Friesen auch nutzten.

Wir unternahmen eine eigene Tour nach Wernigerode, Okertalsperre und Baumannshöhle. Bier gestatteten wir unseren Männern diesmal nicht. Der Umstieg auf Windbeutel war sehenswert.

 

Volker und Peter sammelten weiter Punkte. Wolfgang, Karl-Heinz und Michael waren nicht ganz zufrieden.

Zum eigentlichen Turnier, das in 3 Gruppen ausgetragen wurde, fand zum ersten mal ein "Sonderturnier" mit 3 Mannschaften statt. Das Team "Spree" mit Horst Handel, Helmut Kuzaj und Wolfgang Junge kämpfte gegen die Teams Rhein und Leine. Hier wurden ein 7-Kampf ausgetragen der neben Schach auch Skat, Kegeln, Würfeln, Minigolf, Blitz und TuSi mit einschloß. Alle 3 Mannschaften waren gleich stark. Spree wurde am Ende zweiter.

 

Am Donnerstag war der Nachmittag frei. Wir wanderten bei herrlichem Sonnenschein durch das Okertal. Felsen, kleine Wehre und Wasserrauschen. Volker und Peter, unsere großen Angelsportler, waren beim aufspüren der Forellen unermüdlich. Und es hätte nicht viel gefehlt und sie hätten sich Angeln gekauft und jede Minute dort verbracht.

 

Der Höhepunkt jedes Fernschachtreffens ist das TuSi. Als ich davon zum ersten mal hörte, habe ich überhaupt nicht verstanden, was man mir da erklären wollte. Schach als Laufsportart oder so.

Dazu wurde von der Turnierleitung der ganze Saal umgestaltet. Es wurden Tische mit 10 Brettern aufgestellt. 5 Schachspieler kämpfen dann jeweils Jeder gegen Jeden, in dem sie immer im Kreis rumlaufen. Sehr lustig wie in einem großen Raum lauter Schachspieler durch die Gegend rennen. Es gab zwei Vorrunden, die Zwischenrunde und die Endrunde. Was wie gewertet wurde, entzog sich mir völlig. Aber am Ende siegte Hans-Joachim Hofstetter, der extra dafür anreiste und der einzige war, der in Sportzeug kurz antrat.

 

Mein Mann Peter hatte dann 5 aus 7. Mir war das nicht geheuer. So erfolgreich ist er ja eigentlich nie. In der 8. Runde spielte er an Brett 2 gegen Reinhard Postler. Hier wurde dann die Welt wieder zurecht gerückt. In der 9. gewannen dann noch mal fast alle Friesen. Turniersieger wurde Holger Namyslo vor Reinhard Postler und Michael Schulz.

 

Der Abschlußabend mit Siegerehrungen und Tanz war stimmungsvoll. Im Vorraum wurde noch die eine oder andere Partie diskutiert und der Barkeeper hatte alle Hände voll zu tun. Besonders der Schierker Feuerstein hatte es uns Friesinnen angetan.

 

Am Sonntagmorgen fand das Blitzturnier als letzte Veranstaltung statt. Volker und Peter kamen ins A-Finale. Hans-Joachim Hofstetter gewann.

 

Fazit:

Eine Woche Fernschachtreffen war hartes, anstrengendes Programm. Für mich, Urlaub einmal ganz anders.

Die gesamte Organisation war hervorragend. Ulrich Wagner und Peter Schmidt leiteten das Turnier auf eine unauffällige, freundliche Art. In erster Linie traf man sich. Schach wurde auch gespielt.

Wenn es sich urlaubsmäßig einrichten lässt, und mein Mann mich wieder dabei haben will, bin ich nächstes Jahr wieder da.